Berlin / Hamburg, 28. April 2022 – Um Hintergründe zu einem Gespräch des Lobbyisten und Altkanzlers Gerhard Schröder mit Angela Merkel im Oktober 2021 in Erfahrung zu bringen, hat die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de beim Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen das Bundeskanzleramt eingereicht.
Der Hintergrund: Wenige Tage nach der Bundestagswahl 2021 hatte der Lobbyist und Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder ein vertrauliches Gespräch mit der damals amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt, der Inhalt ist unbekannt. Einen Kalendereintrag zu dem Termin will das Kanzleramt nicht an abgeordnetenwatch.de herausgeben – wegen angeblich „nachteiliger Auswirkungen auf die innere oder äußere Sicherheit“. abgeordnetenwatch.de berichtete dazu im März 2022: https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/kanzleramt-verweigert-herausgabe-von-kalendereintraegen-zu-schroeder-gespraechen-mit-merkel
Der Kalendereintrag könnte nicht nur Aufschluss über den Inhalt des Gesprächs geben, sondern auch darüber, in wessen Auftrag Gerhard Schröder gegebenenfalls mit Angela Merkel sprach. Wegen der Weigerung des Kanzleramtes, das Dokument an abgeordnetenwatch.de herauszugeben, hat der tragende Verein der Organisation, Parlamentwatch e.V., Anfang April auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Klage beim Berliner Verwaltungsgericht gegen das Bundeskanzleramt eingereicht.
„Wenn Lobbyist:innen und Politiker:innen sich hinter verschlossenen Türen treffen, erfahren wir Bürger:innen nicht, was besprochen und vereinbart wird“, erklärt Clara Helming, Campaignerin bei abgeordnetenwatch.de. „Wir hoffen, dass aus dem Kalendereintrag hervorgeht, welches Anliegen der Gaslobbyist und Altkanzler Gerhard Schröder bei der damaligen Kanzlerin vertrat.“
„Ob Lobbyeinfluss zugunsten von finanzstarken Auftraggebern und auf Kosten der Gesellschaft geht, ist selten nachvollziehbar. Wir wollen in diesem konkreten Fall Licht ins Dunkel bringen und mit unserer Klage gleichzeitig das Auskunftsrecht der Bürger:innen stärken.“
Die erfolgreichen Klagen von abgeordnetenwatch.de aus den letzten Jahren, wie etwa zu den geheimen Lobbyhausausweisen im Bundestag (https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/bundestag-stoppt-geheime-vergabepraxis-fuer-lobbyisten-hausausweise-das-sind-die-neuen-zugangsregeln) oder zu Pflichtverstößen der Abgeordneten (https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/nebentaetigkeiten/schaeuble-will-regelverstoesse-von-abgeordneten-unter-verschluss-halten), zeigen, dass Klagen zu politischen Änderungen führen können: In beiden Fällen reagierte die Politik auf das Urteil und verschärfte die Transparenzpflichten. Gleichzeitig wurde durch die Urteile das Informationsfreiheitsgesetz gestärkt, wovon nun alle Bürger:innen und
Medienschaffenden profitieren.
Aktuell läuft auch eine Verfassungsbeschwerde von abgeordnetenwatch.de zur Transparenz von Parteispenden: https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/parteispenden/warum-wir-vor-das-bundesverfassungsgericht-ziehen
Clara Helming dazu: „Dass Kanzleramt, Bundestag & Co. wichtige Informationen vor abgeordnetenwatch.de und der Öffentlichkeit zurückhalten und versuchen, Transparenz zu verhindern, erleben wir regelmäßig. Deswegen ist es wichtig, standhaft zu bleiben und die Auskunftsrechte notfalls vor Gericht einzuklagen.“
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